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Ciao,

mein Name ist Juliane und ich bin 17 Jahre alt. Im Januar 2014 habe ich, aufgeregt und neugierig, mein Leben in Deutschland für sechs Monate hinter mir gelassen, um den Alltag in einem fremden Land kennenzulernen: in Italien, genauer gesagt auf Sizilien, der „Insel der Sonne“ ganz im Süden des Landes. Jetzt, wo meine Rückkehr nach Deutschland bereits einige Zeit zurück liegt, merke ich immer und immer mehr, wie froh ich bin, diesen Schritt gewagt zu haben, den Sprung ins kalte Wasser getan zu haben. Jetzt kann ich zurückblicken auf ein halbes Jahr voller neuer Erfahrungen, Erkenntnisse und Begegnungen, die einzigartig waren.

Organisation

Ich habe für meinen Schüleraustausch die gemeinnützige Organisation AFS (American Field Service) gewählt und kann diese nur weiterempfehlen, da sie mich vor, während und nach meiner Zeit in Italien bestens und intensiv unterstützt hat. Außerdem hat AFS mich durch die vielen Stipendienmöglichkeiten, die große Länderauswahl sowie die angebotenen Vor- und Nachbereitungen überzeugt.

Die italienische Mentalität

So warm, wie das Wetter unten im Süden Italiens, so warm war auch die Persönlichkeit seiner Bewohner. Noch nie habe ich so offene, gastfreundliche, herzliche Menschen kennengelernt, ich war regelrecht überrascht und überwältigt in den ersten Wochen und konnte es gar nicht so richtig glauben. So habe ich mich innerhalb kürzester Zeit dort wie zu Hause gefühlt. Neben ihrer Gastfreundlichkeit zeichnen sich die Italiener auch durch ihre unglaubliche Gelassenheit aus. Im Gegensatz zu Deutschland, wo Pünktlichkeit sehr geschätzt wird und Hektik oft den Alltag beherrscht, findet man in Italien viel mehr Ruhe und Entspanntheit vor. Außerdem habe ich die Italiener als sehr redselige und temperamentvolle Menschen kennengelernt, die es lieben gemeinsam zu reden, zu lachen und zu diskutieren.

Gastfamilie

Die Familie spielt eine sehr große Rolle in Italien. Auch ich habe sehr viel Zeit mit meiner itaienischen Familie verbracht, bei der ich mich schnell wie zu Hause gefühlt habe. Meine Gastschwester ist eine beste Freundin für mich geworden und wir haben sehr viel zusammen unternommen.An den Wochenenden haben wir oft Ausflüge gemacht, so dass ich viele wunderschöne Orte auf Sizilien zu sehen bekommen habe; längere Reisen führten uns auch nach Venedig und Rom.

Schulalltag

Das italienische Schulsystem unterscheidet sich sehr von dem in Deutschland. Die Schule beginnt morgens um 8.15 Uhr und endet manchmal um 13.15 Uhr, manchmal um 14.15 Uhr. Eine Schulstunde dauert 60 Minuten, Pausen gibt es fast gar keine. Außerdem müssen die Schüler auch samstags zur Schule gehen. Viel größer jedoch als diese formale Unterschiede ist die der Art und Weise, in der unterrichtet wird. Ich weiß, dass in Deutschland sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass die Schüler lernen mitzudenken und zu hinterfragen, in der Unterrichtszeit gibt es Diskussionen, Vorträge und Gruppenarbeiten. An italienischen Schulen dagegen findet immer noch Frontalunterricht statt, der Lehrer hält einen einstündigen Monolog, während die Schüler mitschreiben, um dann den Unterrichtsstoff nachmittags zu Hause zu lernen und sich auf die folgenden mündlichen Prüfungen vorzubereiten. Statt mündlicher Mitarbeit gibt es regelmäßig eine ca. 20-minütige Abfrage des Lehrers, außerdem natürlich Tests und Klausuren. Der Unterricht ist also viel theoretischer als in Deutschland. Alles in allem ziehe ich das deutsche Schulsystem dem italienischen vor und dies während meiner Zeit auf Sizilien sehr zu schätzen gelernt, obwohl mich in Italien beeindruckt hat, wieviel die Schüler über die Geschichte lernen und wissen.

Freizeit

Da ich jeden Tag schon mittags aus der Schule kam, standen mir die Nachmittage meist frei zur Verfügung. Allerdings mussten meine italienischen Schulkameraden nachmittags meist lernen und Hausaufgaben machen, so dass wenig Zeit zum Treffen blieb. Um trotzdem schnell Freundschaften zu schließen, habe ich mich noch in der ersten Woche in einem Volleyballverein angemeldet und habe dort dann fast die ganzen sechs Monate lang zwei Mal pro Woche trainiert. An anderen Nachmittagen habe ich zu Hause mit meinem Gastbruder Tischtennis oder Gitarre gespielt. Zusätzlich hatte ich in den ersten drei Monaten einen Italienischkurs, organisiert von AFS, so dass sich meine Sprachkenntnisse schnell gebessert haben.

Natürlich gibt es während eines Austausch(halb)jahres immer Momente, in denen man sich ein wenig langweilt und nichts mit sich anzufangen weiß. Dann ist es wichtig, aktiv zu werden, sonst passiert es sehr schnell, dass einen Heimweh und Frust heimsuchen. Man kann z. B. die Umgebung bei einem Spaziergang erkunden oder man bietet seinen Gasteltern Hilfe im Haushalt an, worüber sich diese sicherlich sehr freuen. Gleichzeitig bietet dies die Möglichkeit einer Unterhaltung, die wiederum das Vokabular und das Ausdrucksvermögen erweitern.

Der Ort, in dem ich gelebt habe, war recht klein, es gab kein großes Einkaufszentrum und kein Kino, zudem wohnt meine Familie außerhalb des Zentrums. Busse fuhren kaum und Fahrräder benutzte keiner, alle meine Freunde bewegten sich mich Vespas fort. Deswegen habe ich mich am Anfang ziemlich eingeschränkt gefühlt, ich war es gewohnt total unabhängig und selbstständig zu sein, anstatt überallhin begleitet werden zu müssen.

Essen

Natürlich muss ich auch das italienische Essen erwähnen, schließlich ist das stiefelförmige Land berühmt für köstliches Essen; für Pizza, Pasta und Gelato. Und es stimmt, ich habe während meines Aufenthalts so gut wie noch nie gegessen. Für Italiener ist Essen nicht einfach nur Nahrungsaufnahme, sondern auch eine Gelegenheit, bei der alle Familienmitglieder zusammen sitzen und jeder ein wenig erzählen kann. Gegessen wird meist in mehreren Gängen, zumindest mittags und abens: Üblicherweise beginnt die Mahlzeit mit einer Pasta, also Nudeln. Danach folgt der Hauptgang, meist Fleisch oder Fisch mit Gemüse. Dann ein bisschen Obst, ein paar Kekse und ein café. Oft saßen wir auch nach dem Abendbrot noch lange zusammen und haben uns unterhalten.

Fazit

Meine Zeit in Italien war wunderschön und ist viel zu schnell zu Ende gegangen. Ich erinnere mich gerne zurück an die einzigartigen wunderschönen Momente, die ich dort erlebt habe und die ich niemals vergessen werde. So ein Austausch(halb)jahr ist nicht immer einfach, nicht immer läuft alles so, wie man es sich vorgestellt hat. Aber dann gibt es doch immer wieder diese Augenblicke, in denen man denkt: „Wow, das ist die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.“ Es ist unbeschreiblich, das Gefühl, wirklich eine Familie in einem anderen Land gefunden zu haben, sich in einer vorher komplett unverständlichen Sprache jetzt fast fließend ausdrücken zu können, zu spüren wie viel selbstständiger und selbstsicherer ich geworden bin und aus vollem Herzen sagen zu können: „Ich habe eine zweite Heimat auf Sizilien gefunden!“

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